Perspektivenwechsel! Drei Wochen Mobile Office in Afrika

Wie wir Ghostthinker "New Work" dank Digitalisierung leben!

„Ach du kannst auch von Zuhause arbeiten, ist ja total toll. Das ginge bei uns gar nicht, ihr seid so innovativ“! Diese Sätze höre ich immer wieder von Leuten, wenn ich erzähle, dass ich nicht ins Büro gehen muss, um zu arbeiten, sondern alles auch von zu Hause aus erledigen kann. Die Aussage: „Das ginge bei uns gar nicht!“ klingt in meinen Ohren immer so, als ob wir etwas ganz Verrücktes machen. Dabei war das dezentrale Arbeiten von Beginn an Teil von Ghostthinker. Es gehört zu unserer Philosophie, dass die Arbeit Teil des Lebens sein soll, die Arbeit das Leben aber nicht bestimmt. Dazu gehört auch, dass alle MitarbeiterInnen von dort aus arbeiten können, von wo aus es ihnen aktuell am besten passt.

Die Reaktionen aber zeigen mir, dass die Art und Weise, wie wir dies tun, faszinierend und irgendwie „futuremäßig“ zu sein scheint.

Ein ganz normaler Tag

Wir Ghostthinker haben zwei feste Standorte, ein Büro in Hamburg und eines in Augsburg. Augsburg  - dort wo ich arbeite - ist der mitarbeiterstärkste Standort mit insgesamt fünf MitarbeiterInnen. Unser Büro teilen wir uns mit dem Theaterensemble Bluespots Productions. Weitere Ghostthinker sitzen im Vogtland, in Oberbayern und in Nordrhein-Westfalen. Obwohl ich jeden Tag selbst darüber entscheiden kann, ob ich lieber ins Büro gehen möchte oder von zu Hause aus arbeite, sitze ich meist spätestens um 7.30 Uhr in unserem Gemeinschaftsbüro am Hunoldsberg an meinem Schreibtisch. Um 8 Uhr kommt Stephan zur Tür herein und Lisas Skype-Account (Vogtland) wird grün. Pünktlich um viertel nach 8 beginnen Lisa, Stephan und ich mit unserem Marketing- und Vertriebs-Tagesstart via Skype. Lisa sitzt in ihrem Arbeitszimmer, wir tauschen kurz private News und besprechen dann die Aufgaben, die wir heute schaffen wollen. Wir informieren uns gegenseitig, wo wir Unterstützung benötigen und was uns vielleicht Sorgen bereitet. In der Regel dauert das Meeting 15 – 20 Minuten. Dann geht’s los, wie in jedem anderen Büro auch: Meetings, Emails und Projekte. Um mit Stephan etwas zu besprechen, hebe ich kurz den Kopf und schaue rüber zu ihm, er sitzt einen Meter von mir entfernt. Um mit Lisa zu sprechen, tippe ich die Nachricht in Skype ein oder rufe sie direkt mit einem Videocall an. Sie sitzt rund 400 km von mir entfernt und trotzdem fühlt es sich für mich so an, als würde sie im Nebenzimmer sitzen.

Aber mal im Ernst, ist das wirklich innovativ? Was macht denn eigentlich den innovativen Charakter einer Organisation aus? Ist es die Arbeitsweise, der Modus, die Werkzeuge oder die Philosophie? In den Konzepten, die einem heute immer wieder über den Weg laufen, ist von „New Work“, „Life-Work-Balance“ und „digital Leadership“ die Rede. Mich beschäftigt schon seit Langem die Frage, was eigentlich den innovativen Charakter von Ghostthinker ausmacht und wie wir in die eben genannten Konzepte passen.

Rebecca im Selbsttest

Vor ein paar Monaten hatte ich ein Skype-Date mit einer Freundin aus Lagos. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen und ich hatte spontan Lust sie zu besuchen. Weil mein Mann und ich aber schon Urlaubspläne für dieses Jahr hatten, kam mir die Idee, dass ich ja anstelle Urlaub zu nehmen einfach von dort aus arbeiten könnte. Mein Büro also anstelle von Augsburg, in Lagos, Nigeria, aufzuschlagen. Alles was ich für meine Arbeit brauche, ist mein Computer und einigermaßen schnelles Internet. In der Bereichsleiterrunde mit der Geschäftsführung wurde die Idee positiv aufgenommen und so auch kurz darauf der Flug gebucht. Warum sollte es auch Bedenken geben? Es verändert sich nichts, außer, dass ich für drei Wochen nicht jeden Morgen ins Augsburger Büro marschiere, sondern in meinem „temporären“ Zuhause in Nigeria  meinen Laptop aufklappe und mein Skypezeichen auf grün setze.

DAsein, aber wo?

Nachdem wir alles im Team besprochen hatten, gehe ich voller Freude in das Büro unserer TheaterkollegInnen und erzähle von meinen Plänen. Die Reaktion auf meine News  war irritierend: „Cool aber wie soll das denn gehen? Da musst du vermutlich schon noch was vorbereiten.“

Was sie denn damit genau meint, frage ich meine Kollegin. „Naja“, sagt sie, „du bist ja dann nicht da. Die tatsächliche Präsenz darf man schon nicht unterschätzen“. Ihre Reaktion fand ich äußerst interessant, denn weder meine Vorgesetzten, noch mein Team hatten Bedenken in diese Richtung. Einzig die Frage, ob ich wohl konstant Internet hätte, wurde kurz diskutiert.

Erste Erkenntnisse:

Damit hatte ich endlich das ideale Projekt gefunden, um unsere „innovative“ Arbeitsform einmal genau zu untersuchen. Die erste Erkenntnis: Unser Selbstverständnis, dass Distanz kein Hindernis für enge Zusammenarbeit darstellt, hat mich gar nicht sehen lassen, dass diese Idee nach Außen hin „krass“ wirken kann. Das Team war sofort begeistert und mit am Start. Unsere These lautet: Ob 4 m, 400 km oder 4000km: Distanz ist kein Hindernis für eine gute Zusammenarbeit. In den kommenden drei Wochen wollen wir unsere Art des (Zusammen-)Arbeitens besonders beobachten. Wie gehen wir mit Distanz um? Was sind zentrale Werte, an die wir uns halten? Wie kommunizieren wir innerhalb des Teams? Wie gehen wir mit Konflikten um und vor allem auch: Was sagen die Kunden, die ich aus 4000 km Entfernung betreue? Gemeinsam wollen wir herausfinden, was innovatives Arbeiten für uns bedeutet. Nach den drei Wochen kann ich vielleicht die abstrakten Begriffe wie „New Work“, „digital Leadership“ oder „Work-Live-Balance“ mit konkreten Beispielen und Inhalten füllen.

 

Wir werden berichten!